Allgemeinverfügung aus Anlass des 46. Gernsbacher Altstadtfestes

Gemäß den §§ i, 3, 4, 5, 6, 18, 30, 38,39 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg in der derzeit gültigen Fassung erlässt die Stadt Gernsbach als Orts¬polizeibehörde folgende Allgemeinverfügung:

1. Allen Personen, die sich zu folgenden Zeiten:
Freitag, 13.09.2024, von 18:00 bis 01:00 Uhr,
Samstag, 14.09.2024, von 10:00 bis 02:00 Uhr und
Sonntag, 15.09.2024, von 10:00 bis 01:00 Uhr
in der Öffentlichkeit sowie in Kraftfahrzeugen in dem unter Punkt 5 beschriebenen Bereich aufhalten und nach verständiger Beurteilung als Besucher mit dem Altstadtfest in Verbindung zu bringen sind, wird verboten, alkoholische Getränke mitzuführen und mitgebrachte alkoholische Getränke dort zu verzehren.

2. Dieses Verbot gilt darüber hinaus auch außerhalb dieses Bereiches im Stadtgebiet von Gernsbach, wenn durch das Verhalten von Personen ein offensichtlicher Bezug zum Altstadtfest gegeben ist.
 
3. Bei Zuwiderhandlungen können alkoholische Getränke beschlagnahmt bzw. vernichtet werden, ein Platzverweis erteilt und gegebenenfalls ein Gewahrsam gemäß § 33 Polizeigesetz BW durchgeführt werden.
 
4. Sofortvollzug gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung wird angeordnet.
 
5. Begrenzung des Bereiches räumlich:
Blumenweg von der Loffenauer Straße bis zur Schwarzwaldstraße (mit Stadtbahnhaltestellen), Waldbachstraße und Schlossstraße bis zur Ebersteinbrücke mit allen in diese einmündenden Straßen, Bahnhofsplatz, Felix-Hoesch-Brücke, Weinbergstraße, Casimir-Katz-Straße, Streckfuß, Badener Straße, Marienstraße, Hepplerstraße, Igelbachstraße (oberer Teil).
 
6. Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung als bekanntgegeben.

Sachverhalt:
 
Während der Altstadtfeste der vergangenen Jahre war mit steigender Tendenz fest­zustellen, dass insbesondere alkoholisierte Jugendliche und junge Erwachsene durch zum Teil unerlaubten und überhöhten Alkoholkonsum in aggressiver Stim­mung verstärkt zu Gewalttaten neigten.
 
Körperverletzungen, eine Vielzahl von Sachbeschädigungen im privaten wie im öf­fentlichen Bereich waren die Folgen, wobei nach der praktischen Lebenserfahrung von einer hohen Dunkelziffer- auch in Bezug auf Alkoholexzesse - ausgegangen werden muss.
Das DRK war bei den Altstadtfesten mit mehreren Fällen Jugendlicher mit Verdacht auf Alkoholvergiftung konfrontiert. Es mussten bei jedem Altstadtfest mehrere Ju­gendliche in die umliegenden Krankenhäuser gefahren werden. Anzeigen wegen Körperverletzungen oder gefährlicher Körperverletzung mussten aufgenommen werden. Im Bereich der Stadthalle randalierten Jugendliche, rissen Gullideckel her­aus, warfen Schilder und Absperrungen durch die Gegend.
 
Dem Bericht des Jugendschutzteams ist zu entnehmen, dass insbesondere im Be­reich der Stadthalle (Rockkonzert) sehr viele Jugendliche im Rucksack mitgebrachte branntweinhaltige Mixgetränke im Festbereich konsumierten. Da sich im Bereich der Stadthalle durch die aggressive Stimmung immer wieder Körperverletzungsdelikte ereigneten, unterstützten die Jugendschutzteams ständig die dort anwesenden Poli­zeibeamten. Bei vier Jugendlichen wurden bei Alcomatkontrollen Promillewerte von 
über 1,5 Promille festgestellt.
 
Beim Altstadtfest 2008 waren It. Polizeibericht trotz verstärkter Fahrzeug- und Fuß­streifen Delikte wie gemeinschädliche und sonstige Sachbeschädigungen, Beleidi­gung, Körperverletzungen, Randale und Schlägereien zu verzeichnen. Eine Person musste wegen Verdachts auf Alkoholvergiftung in die DRK-Klinik eingeliefert wer­den. 32 Liter alkoholische Getränke wurden vernichtet.
 
Bei den Altstadtfesten in den Jahren 2009 bis 2023 wurden bei Kontrollen erhebliche Mengen (bis zu ca. 70 Liter) alkoholische Getränke sichergestellt und vernichtet. Alle 
beteiligten Institutionen (wie Polizeivollzugsdienst, DRK, Veranstalter) sind sich einig darüber, dass sich die Sicherheitslage durch den Erlass der Allgemeinverfügung in 
den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat.
 

Begründung
Bei den bisher gemachten Feststellungen handelt es sich um bedeutende Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, mit denen beim diesjährigen Altstadtfest zu rechnen ist. Inbegriffen ist auch der nach § 9 des Jugendschutzgesetzes verbotene Verzehr alkoholischer Getränke in der Öffentlichkeit mit allen Begleiterscheinungen. 
Die Standbetreiber beim Stadtfest wurden über die einschlägigen Bestim­mungen des Jugendschutz- und Gaststättengesetzes (kein Alkoholverkauf an er­kennbar betrunkene Gäste) unterrichtet und sind zur Einhaltung in ihrem jeweiligen Bereich verpflichtet. Den Verzehr von mitgebrachten alkoholischen Getränken kön­nen die Festwirte jedoch nicht kontrollieren.
 
Aufgabe der Polizeibehörde ist es, diesen Gefahren vorbeugend zu begegnen und durch die mit der Allgemeinverfügung ausgesprochenen Verbote die Störungen der 
öffentlichen Sicherheit und Ordnung von vornherein einzuschränken. Die getroffe­nen Maßnahmen sind verhältnis- und zweckmäßig und entsprechen dem Grundsatz des geringst möglichen Eingriffes. Andere den gleichen Erfolg herbeiführende Maß­nahmen (Hinweise, Warnungen usw.) waren zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Ver­fügung, die der gezielten Abwehr von Gefahren im polizeirechtlichen Sinne dient, nicht ersichtlich.
 
Nur mit Hilfe einer starken Präsenz von Ordnungskräften (auch Bereitschaftspolizei) war und ist es möglich, weitergehende Störungen in Grenzen zu halten. Polizeiliche 
Erkenntnisse und Erfahrungen, wie schon im Zusammenhang mit den Future-Discos und den Altstadtfesten gesammelt, zeigen, dass diese allgemeine Anordnung un­verzichtbares Mittel für die Einsatzkräfte darstellt, schon im Vorfeld und auch außer­halb des Festbereiches über eine entsprechende rechtlich begründete Handlungs­grundlage zu verfügen. Erhebliche Ordnungsstörungen für die Allgemeinheit sowie Gefahren für die körperliche Unversehrtheit von Festbesuchern sollen durch dieses 
Instrument im öffentlichen Interesse soweit als möglich eingeschränkt werden.
 
Das erlassene Alkoholverbot - mit ausschließlicher Zielrichtung Altstadtfest - (nach verständiger Beurteilung - im unmittelbaren Umfeld - offensichtlicher Bezug - 
außerhalb dieses Bereiches) ist eine für alle Beteiligten inzwischen notwendige Vo­raussetzung, um eine solche Veranstaltung vorausschauend, ohne erhebliche Stö­rungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für den Einzelnen und die Allge­meinheit durchführen zu können. Das in ihren Auswirkungen nicht kalkulierbare Ge­fahrenpotenzial soll durch die weitgehende Umsetzung dieser Verfügung wesentlich vermindert werden.
 
Gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung war wegen des drin­genden öffentlichen Interesses der sofortige Vollzug anzuordnen. Bei einem Wider­spruch kann aus praktischen Gründen nicht gewartet werden bis im Widerspruch- bzw. Klageverfahren entschieden ist.
 
Um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten, sind die Rechtsgüter der Allgemeinheit, insbesondere die Gesundheit und das Eigentum höher zu bewer­ten als das Interesse einzelner Personen oder Personengruppen, die in Bezug auf das Altstadtfest alkoholische Getränke mitführen und/oder verzehren

Rechtsbehelfsbelehrung
 
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stadtverwaltung Gernsbach, Igelbachstraße 
11, Widerspruch eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn der Wider­spruch innerhalb der genannten Frist bei der Widerspruchbehörde, dem Landrats­amt in 76437 Rastatt, Am Schlossplatz 5, eingeht.
 
Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe ein Antrag auf Wiederher­stellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Verwaltungsgerichtsordnung ge­stellt werden.
 

Gernsbach, 26.08.2024
 

Julian Christ
Bürgermeister